Ratgeber

Ratgeber zur therapeutischen
Anwendung von Medizinal-Cannabis

Cannabis wurde weltweit schon immer auch als Heilpflanze medizinisch verwendet. Das Verständnis und die Kenntnis über die therapeutischen Wirkungen sowie die Nutzen für Patienten sind verhältnismäßig noch sehr jung. In Deutschland ist eine medizinische Nutzung mit Kostenübernahme durch die Krankenkassen erst seit März 2017 möglich. Daher baut sich die Kompetenz in der Cannabis-Therapie bei Ärzten, Apotheken und Kostenträgern stetig weiter aus.

Sie haben Fragen? - Wir beraten Sie gerne mit unseren Erfahrungswerten, unserer Kompetenz sowie mit einem großen Netzwerk aus Fach-Experten.

Ihre Apotheke für medizinisches Cannabis

Apotheker Johannes Ertelt und sein hoch-qualifiziertes Team sind seit der Freigabe von Medizinal-Cannabis zur therapeutischen Anwendung im Jahr 2017 von Beginn an beratender Partner für Patienten und Ärzte.

Die Ertelt Apotheken haben sich schon immer dafür eingesetzt, das natürliche Potential pflanzlicher Heilmittel zur Behandlung von unterschiedlichsten Krankheiten individuell zu nutzen.

Neben der Erforschung und Anwendung von eigenen Weihrauchprodukten verfügen wir auch über ein großes Know-how und großen Erfahrungsschatz in der Anwendung von medizinischem Cannabis.

Wir wollen unseren Kunden die bestmögliche, individuelle pharmazeutische Beratung bieten - von Mensch zu Mensch.
Eine sichere, zuverlässige und kompetente Versorgung und ein umfassender Medikations-Check stehen dabei stets im Mittelpunkt.

Dafür stehen wir seit mittlerweile drei Generationen.

Die Inhaltsstoffe und
therapeutische Wirkung von Cannabis

In der Cannabispflanze kommen die sogenannten Cannabinoide vor. Die bekanntesten Cannabinoide sind das psychoaktive Tetrahydrocannabinol (THC) und das nicht-psychoaktive Cannabidiol (CBD). Daneben finden sich in der Cannabispflanze auch noch sekundäre Pflanzen­inhalts­stoffe, die sogenannten Terpene und Terpenoide. Die sekundären Pflanzen­inhalts­stoffe sind mitverantwortlich für den charakteristischen Geruch der jeweiligen Cannabisblütensorte sowie für den sog. „Entourage-Effekt". Dies umschreibt einen möglichen Vorteil bzgl. der Wirksamkeit und/oder Verträglichkeit bei der kombinierten Anwendung von Cannabinoiden (insbesondere THC & CBD) mit Terpenen gegenüber der Anwendung einzelner Komponenten. So können sie beispielsweise die sedierenden oder aktivierenden Eigenschaften der Cannabinoide beeinflussen.

THC
wirkt v.a. schmerzlindernd, krampflösend, appetitstimulierend und hemmt Übelkeit sowie Erbrechen.

CBD
wirkt v.a. schmerzlindernd, angstlösend, antiepileptisch, entzündungshemmend, krampflösend, antipsychotisch und hemmt Übelkeit sowie Erbrechen.

  • Übersicht der wichtigsten Cannabinoide

    Cannabinoid

    Rezeptoren / Wirkungen

    THC (Delta-9-Trans-Tetrahydrocannabinol)

    • Psychoaktiver Wirkstoff der Hanfpflanze
    • In der Pflanze liegt THC weitgehend in natürlicher Form zweier THC-Säuren vor
    • Während der Trocknung und Decarboxylierung von Cannabis wandelt sich THCA in THC um
    • Prozessbeschleunigung durch Erhitzen des Pflanzenmaterials möglich
    • Besonders reich an THC sind die unbefruchteten weiblichen Blütenstände (etwa 6 bis 20 %)
    • In reiner Form wurde THC erstmals 1964 von Yehiel Gaoni und Raphael Mechoulam am Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel isoliert. Tetrahydrocannabinol unterliegt in Deutschland den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes.

    CB1 und CB2

    • Muskelrelaxation
    • Appetitanregend
    • Schmerzlinderung
    • Wahrnehmungsverstärkung
    • Konzentrationssteigerung
    • Reduktion der Magensäureproduktion
    • Senkung des Augeninnendrucks
    • Entzündungshemmend
    • Erhöhung des Blutdrucks
    • Erhöhung der Herzfrequenz
    • Linderung von Spastizität
    • Linderung von Übelkeit und Erbrechen
    • Erleichterung des Schlafes
    • Antidepressive Wirkung
    • Hemmende Wirkung auf die Ausbreitung von Krebszellen
    • Stimmungssteigerung

    CBD (Cannabidiol)

    • Nicht-psychoaktiv
    • Zweithäufigstes Cannabinoid
    • In der Hanfpflanze überwiegend als Säure (CBD-Carbonsäure)

    CB1 und CB2 (kann über noch ungeklärten Mechanismus auch blockieren)

    • schmerzlindernd
    • antidepressiv
    • krampflösend
    • antibakteriell
    • entzündungshemmend
    • schlaffördernd
    • angstlösend
    • immunsupprimierende Wirkung
    • antioxidative Eigenschaften
    • wirkt gegen Übelkeit
    • Abnahme konvulsiver Anfälle

    CBG (Cannabigerol)

    • Nicht-psychoaktiv
    • Phytocannabinoid

    CB1

    • entzündungshemmend
    • schmerzlindernd
    • antibakteriell
    • augeninnendrucksenkend
    • Minderung von Übelkeit & Erbrechen

    CBL (Cannabicyclol)

    • Nicht-psychoaktiv
    • wenig erforscht
    • Abbauprodukt von Cannabichromen (CBC)
     

    CBN (Cannabinol)

    • Leicht psychoaktiv
    • Oxidationsprodukt von THC

    Schwache CB1 Bindung

    • beruhigend
    • antibakteriell
    • augeninnendrucksenkend

    CBC (Cannabichromen)

    • Nicht-psychoaktiv
    • enzymatisch umgewandelt aus CBG
    • unterstützt Wirkung von THC
    • antidepressiv

    CBDV (Cannabidivarin)

    • Nicht-psychoaktiv
    • ähnlicher Aufbau wie CBD
    • fraglich krampflösende Wirkung

    CBDA (Cannabidiolsäure)

    • in frisch geerntetem Hanf
    • durch Erhitzen Umwandlung in CBD
    • entzündungshemmend

    THCA (Tetrahydrocannabinolsäure)

    • Nicht-psychoaktiv
    • in frischer Hanfpflanze
    • Vorläufersubstanz des THC (Umwandlung durch Trocknung, Erhitzen)
    • entzündungshemmend
    • fraglich neuroprotektiv
    • fraglich spasmolytisch
    • fraglich schmerzhemmend

    THCV (Tetrahydrocannabivarin)

    • Leicht psychoaktiv
    • Struktur ähnelt THC

    Hemmung auf CB1 und CB2

    • fraglich appetitzügelnd
    • kann THC Wirkung verstärken
    • wirkt fraglich der Nebenwirkung von THC wie z.B. bei Angstzuständen entgegen

Das endogene
Cannabinoidsystem

THC und CBD interagieren mit den Rezeptoren CB1 und CB2 des körpereigenen Cannabinoid­systems (Endocannabinoidsystem = ECS), wodurch sie ihre Wirkung ausüben. Das Endo­cannabinoid­system ist an vielen körperlichen Funktionen beteiligt wie dem zentralen Nervensystem und dem Immunsystem.

CB1
- Bewegungsregulation
- (Kurzzeit-)Gedächtnis
- Motorische Koordination
- Appetitregulierung
- Schmerzempfinden
- Immunsystem

CB2
- Magen
- Niere
- Leber
- Kardiovaskuläres System
- ZNS
- Immunsystem
- Skelettsystem
- Muskelapparat
- Reproduktives System
- Respirationstrakt
- Haut

Die Anwendungsgebiete und
-formen von Cannabis

Von Seiten des Gesetzgebers wird kein Anwendungsgebiet (Indikation) von Cannabis ausgeschlossen. Grundvoraussetzungen für den Therapieversuch mit Cannabis ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung sowie der ungenügenden Wirksamkeit, Unverträglichkeit oder starker Nebenwirkungen etablierter Therapien. Es ist zu berücksichtigen, dass Cannabis Symptome lindern kann, jedoch keine ursächliche Therapie darstellt.

Am besten untersucht sind die nachfolgend genannten Indikationen: Spastiken infolge von Mutipler Sklerose, chronisch neuropathische Schmerzen, durch Krebs verursachte Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen aufgrund einer Chemotherapie, chronische Schmerzen bei Rheuma/rheumatoider Arthritis, Appetit- und Gewichtssteigerung bei HIV-Patienten, Angststörungen, posttraumatisches Stress-/Belastungs-Syndrom (PTBS), Symptome von Tourette-Patienten.

Inhalative Anwendung von Cannabisblüten
Dabei werden die Cannabisblüten nach Zerkleinerung in einem Verdampfer (Vaporisator) erhitzt und der durch Abkühlung entstandene Dampf inhaliert. Durch das Erhitzen wird das in der Cannabisblüte vorliegende THC und CBD in seine wirksame Form überführt.
Der Vorteil ist hierbei der schnelle Wirkeintritt innerhalb von etwa fünf Minuten. Das Wirkmaximum wird nach ungefähr 20-30 Minuten erreicht. Über zwei Stunden hinweg nimmt die Wirkung ab.

Orale Anwendung von Cannabisextrakten
Bei Cannabisextrakten handelt es sich um ölige Zubereitungen, die durch die Aufnahme von THC und CBD über die Mundschleimhaut bzw. Verdauung wirken. Die Wirkung tritt in etwa 30 Minuten ein und das Wirkmaximum ist nach etwa zwei Stunden erreicht, welches über vier bis sechs Stunden gehalten wird.

Dosierung von Cannabis

Bei der Dosierung von Cannabisblüten und Cannabisextrakten geht man nach dem Grundsatz „start low, go slow“ vor – man beginnt folglich mit einer geringen Dosis und steigert diese allmählich, um den Körper langsam daran zu gewöhnen und unerwünschte Effekte zu vermeiden. Die Dosierung unterscheidet sich somit von Patient zu Patient und wird individuell nach empfohlenen Richtlinien ermittelt.

Verschreibung von Medizinal-Cannabis

Jeder Arzt und Facharzt darf Cannabisblüten und -extrakte auf ein Rezept verschreiben. Die Kosten müssen vom Patienten selbst getragen werden, sofern keine Genehmigung auf Kostenübernahme von der gesetzlichen Krankenkasse vorliegt und der Arzt das Rezept als sog. "Privat- bzw. Selbstzahler-Rezept" kennzeichnet.

Die Ausstellung eines "Privat- bzw. Selbstzahler-Rezeptes" über z.B. geringe Mengen von Cannabisblüten oder Cannabis-Extrakten durch – idealerweise den eigenen Haus- oder Facharzt – und die damit in Folge ärztlich dokumentierten Therapie-Erfolge können häufig eine anschließende Antragstellung zur Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse positiv stützen.

Daher raten wir überwiegend davon ab, solche Ärzte oder (zumeist) wirtschaftlich orientierte Einrichtungen aufzusuchen, die sich ausschließlich auf Verordnungen von Cannabis-Arzneimittel als Selbstzahler-Leistung gegen Gebühren "spezialisiert" haben.


Unserer Erfahrung nach ist dort eine umfassende Betreuung von Patienten - wie sie im normalen/bestehenden Vertrauens-Verhältnis "Patient - Haus-/Facharzt -Hausapotheke" gegeben ist - so nicht vollumfänglich möglich.

Wenn Sie als Patient oder Patientin bisher eine unzureichend erfolgreiche Therapie Ihrer Krankheit und/oder deren Symptome erfahren haben, sprechen Sie bitte Ihre Ärzte an, ob hier evtl. Cannabinoid-Arzneimittel eine Option darstellen können.

Gerne bieten wir uns nach Sichtung Ihrer Krankheitsakte (Arzt-/Klinikbriefe) und einem persönlichen Beratungsgespräch auch als beratender Ansprechpartner für Ihre Therapeuten an, um gemeinsam eine Einschätzung vorzunehmen.

Wollen Sie hingegen nur Ihren Konsum - ohne medizinisch berechtigten Hintergrund - durch ein "Privat-Rezept" vermeintlich legitimieren, dann sind Sie bei uns definitiv falsch.

Übernahme der Kosten einer Cannabistherapie

Jeder Arzt und Facharzt darf einen Antrag auf Kostenübernahme der Cannabistherapie bei der Krankenkasse einreichen. Die Genehmigung dieses Antrages ist in Aussicht gestellt, wenn folgende Kriterien nach § 31 Abs. 6 SGB V beim Bestehen einer schwerwiegenden Erkrankung erfüllt werden:

01
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a) nicht zur Verfügung steht oder
b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung 
kommen kann,

02
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.


(Auszug § 31 Abs. 6 SGB V)

Zusammengefasst bedeutet dies, dass etablierte medizinische Therapien und Medikamente angewendet wurden bzw. werden, jedoch keine oder eine unzureichende Wirkung haben, nicht vertragen werden oder nicht eingenommen werden dürfen aufgrund von z.B. Allergien oder anderen Vorerkrankungen. Zusätzlich muss in Aussicht gestellt sein, dass die Therapie mit medizinischem Cannabis einen positiven Effekt auf die behandelte Erkrankung oder deren Symptome hat.

Allgemein schließt der Gesetzgeber kein Anwendungsgebiet aus und definiert in diesem Abschnitt nicht näher, was als schwerwiegende Erkrankung bewertet wird. Grundlegend wird dabei jedoch von einer Erkrankung ausgegangen, welche entweder lebensbedrohlich ist oder durch ihre verursachten Gesundheitsprobleme die Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit und soziale Interaktion stark beeinträchtigt.

D.h. die Bewertung "schwerwiegend" ist aus Patienten-Perspektive zu sehen!

Ablauf der Antragstellung

Der Antrag auf Kostenübernahme einer Cannabistherapie wird vom Arzt gestellt. Die Ertelt Apotheken bieten bei dem Vorbereiten des Antrages Hilfestellung und Beratung an. Hierzu bitten wir Sie – ob Patient oder Arzt – um Kontaktaufnahme unter cannabis@ertelt.de oder telefonisch unter 07476 94655-946.

Generell muss in dem Antrag ersichtlich sein, um welche schwerwiegende Erkrankung und um welche – für den Patienten – schwerwiegende Symptome es sich handelt, mit welchen Einschränkungen diese verbunden ist, welche Medikamente eingenommen und welche Therapien bisher mit welchem Ergebnis durchgeführt worden sind.

Aus dem Antrag muss hervorgehen, dass die Verordnung von Cannabisblüten, Cannabisextrakten oder individuellen Zubereitungen auf Cannabinoid-Basis in Aussicht stellt, eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder die Symptome zu haben. Zusätzlich muss angegeben werden, für welches Produkt (Cannabisblüten und/oder Cannabisextrakt mit genauer Bezeichnung der Sorte/des Präparats und genauen Dosierungsangaben) der Antrag gestellt wird.

Die Krankenkassen müssen spätestens nach drei Wochen ab Antragseingang darüber entscheiden. Die Frist kann sich auf bis zu fünf Wochen verlängern, wenn ein Gutachten vom medizinischen Dienst (MDK) eingeholt werden muss.

Sollte ein Antrag abgelehnt werden, empfehlen wir dringend eine Prüfung der Ablehnungsgründe durch den behandelnden Arzt und/oder die betreuende Apotheke.

(Klinische) Studien über Medizinal-Cannabis

Insbesondere zu nachfolgenden Erkrankungen existieren bereits zahlreiche (klinische) Studien:

  • Neuropathischer Schmerz
  • Nozizeptiver Schmerz
  • Tumorassoziierter Schmerz
  • Übelkeit/Erbrechen während Chemotherapie
  • Multiple Sklerose
  • Rheumatoide Arthritis

Eine Übersicht zur Anwendung von Cannabisprodukten findet sich z.B. im JAMA. 2015 Jun 23-30;313(24):2456-73 unter dem Titel Cannabinoids for Medical Use: A Systematic Review and Meta-analysis, verfasst von Whiting PF, et al.

Ärztinnen und Ärzte empfehlen wir, sich über den jeweiligen, aktuellen, wissenschaftlichen Sachstand zu informieren oder - gerne auch von uns - informieren zu lassen und bei entsprechender Indikation, Cannabinoid-Arzneimittel als Co-Medikation zu berücksichtigen.

Unser Team ist für Sie da

Wir beraten Sie hinsichtlich der Anwendung von Medizinal-Cannabis und weiteren alternativen Therapien.

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